Craftbeer

Ein Craftbeer Store in der Gumpendorfer Straße
ESSEN & TRINKEN

veröffentlicht von Thomers

20. Mai 2016

ESSEN & TRINKEN

Craftbeer ist zurzeit in aller Munde. Aber was ist das eigentlich genau? Wir versuchen euch den Hype etwas näher zu bringen.

Was ist Craftbeer?

Zuerst zur Begriffserklärung. Eigentlich fast selbsterklärend: „craft“, aus dem Englischen, bedeutet so viel wie „Handwerk“ oder „etwas fertigen“. Craftbeer ist also handwerklich gebrautes Bier. Es stammt aus sogenannten Mikro- oder Handwerksbrauereien. Der immer beliebter werdende Trend ging in den 1970er Jahren in Nordamerika von einigen Hobbybrauereien hervor. Im Grunde genommen, darf jede Brauerei, die zu 75% im Besitz des Brauereieigentümers ist und pro Jahr weniger als zehn Millionnen Hektoliter Bier herstellt, ihr Produkt als Craftbeer bezeichnen. Würde man diese Regelung ganz genau nehmen, wäre in Österreich jede Brauerei eine Crafbeer-Brauerei. Das ganze ist etwas komplizierter. Der Trend, der gerade in unsere Heimat überschwappt, ist viel mehr als nur Brauereigröße und Unabhängigkeit. Viele Kritiker behaupten, dass der Begriff von einigen Brauereien zu Unrecht missbraucht wird. Craftbeer ist Bier mit eigenem Charakter. Es wird kein Wert darauf gelegt, ob das Bier massentauglich ist. Ganz oben stehen Experimentierfreudigkeit, Außergewöhnlichkeit und ganz besonders Kreativität. Hier wird Bierbrauen zur Kunstform, und das ist eigentlich alles was man wissen muss, um den momentanen Craftbeer-Trend zu verstehen. Kunst ist nicht industriell, Kunst weicht von der Norm ab, sie ist frei.

Craftbeer

Crafbeer in einer Filiale der Spar Supermarktkette: Ein Indiz dafür, dass der Hype in der breiten Masse angekommen ist.

Die Sorten

Im Großteil des Craftbeer-Bereichs wird obergäriges Bier gewählt, ganz im Gegensatz zum klassischen österreichischen Märzen, das untergärige Hefe verwendet. Die Hefe, die beim obergärigen Bier nach der Gärung an der Oberfläche schwimmt, benötigt höhere Temperaturen. Die Vergärung läuft hierbei wesentlich schneller ab und erfordert, im Gegensatz zum untergärigen Bier, keine Kühlung. Beispiele für obergärige Biere sind unter anderem das Weißbier und das Ale. IPA (Indian Pale Ale) ist eine der beliebtesten Biersorten in der Craftbeer-Szene. Es kommt ursprünglich aus England. Als die Engländer damals in Indien stationiert waren, vermissten sie einen wesentlichen Bestandteil ihrer Trinkkultur, das Ale, ihr obergäriges Bier. Sie versuchten zuerst ihr eigenes Bier in Indien zu brauen, das war jedoch zumeist ungenießbar, weil die lokalen Produkte eher ungeeignet für die Produktion waren. Deshalb schickte man Schiffe, die mit britischem Ale beladen waren, nach Indien. Auf der langen Reise verdarben jedoch viele Fässer, weil das Bier für das wechselhafte Wetter zu empfindlich war. Aus diesem Grund erhöhte man die Bestandteile, die das Bier haltbar machen: Alkohol und Hopfen. Das Indian Pale Ale war geboren; ein Starkbier, das bald in der Heimat der Briten und auch international beliebt wurde. Dadurch, dass sich die Kühlmöglichkeiten im Laufe der Zeit verbesserten gelang untergärigen, schwächeren Bieren der Siegeszug und das IPA verschwand langsam wieder vom Markt. Durch den großen Aufschwung der Crafbeer-Szene erfreut es sich heute allerdings wieder großer Beliebtheit. Weitere beliebte Craftbeer-Sorten sind Porter und Stout.

Warum gerade obergärig?

Warum sind obergärige Biere in der Craftbeer-Szene so beliebt? Zum ersten weil die Kühlung wegfällt und man einiges an Zeit spart. Langes Lagern würde einen Nachteil für kleine Brauereiunternehmen bringen, da es ihnen meist an Kapazitäten mangelt. Außerdem bringen obergärige Hefen von sich aus eine gewisse Fruchtnote ins Bier. Dadurch wird das Experimentierspektrum breiter und man erreicht eine größere Vielfalt an Möglichkeiten. Das bedeutet aber nicht, dass untergärige Biere für das Brauen von Craftbeer ungeeignet sind. Die obige Definition besagt ja, dass jedes Bier ein Crafbeer sein kann, solange es nicht von einem Großkonzern stammt. Das Hauptaugenmerk sollte auf Natürlichkeit und lokale Zutaten gelegt werden.
Craftbeer definiert sich vor allem durch seine natürlichen Ingredienzen. Da besonders viel Wert auf die Herstellung gelegt wird, ergibt sich eine extrem vielfältige Produktpalette. Die Zutaten weichen von Region zu Region ab, überall gibt es anderes Wasser, andere Rohstoffe und anderes Klima. Der große Spielraum verleitet viele Brauer dazu, zu viele Aromen in ihr Produkt zu mischen und folgedessen das Bier zu exotisch zu gestalten. Deswegen spielt beim Craftbeer auch die „Drinkability“, also die Trinkbarkeit, eine große Rolle. Es soll auch nach dem ersten Glas noch schmecken.

Craftbeer

Ein Craftbeer Store in der Gumpendorfer Straße

Wenn Hopfen nach Erdbeere schmeckt

Qualität statt Quantität lautet das Motto beim Craftbeer brauen. Aus den gegebenen Umständen das Beste herausholen. Der Hopfen wird bei den meisten herkömmlichen Brauereien lediglich dazu verwendet, um dem Bier die bittere Note zu verleihen. Der Craftbeer Brauer experimentiert mit dem Hopfen. Er probiert verschiedene Hopfenarten, er lässt sein Bier auf dem Hopfen reifen, damit die Öle das Gebräu durchdringen können. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Du bist eine Naschkatze und Bier war eigentlich nie so dein Ding? Bevor du das nächste mal zum Radler greifst, oder dem Bier generell den Rücken zuwendest, täusche dich nicht, denn durch das Aufkommen des Craftbeer-Hypes ist vielleicht auch für dich etwas dabei. Ein Schokoladenbier vielleicht. Oder eher was fruchtiges? Himbeere, Erdbeere, Mango – Craftbeer macht’s möglich. Nicht nur süße, auch bittere und sogar scharfe Biere freuen sich immer größerer Beliebtheit. So gibt es zum Beispiel Bier mit Chili-, Citrus-, Waldkräuter- oder sogar Nadelwald-Aromen. Uns war nicht bewusst, dass Bier so eine bunte Vielfalt aufweisen kann. Nicht zuletzt das Craft-Bier-Fest hat uns gezeigt, wie mannigfaltig das flüssige Brot eigentlich ist.
Und um euch, werte Leser, einen Einblick in das Craftbeer-Universum zu geben, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Beer Stores von Wien abzuklappern, um uns ein Bild über das Hipster-Gebräu zu machen. Mein Fazit als moderater Biertrinker: echt leiwand. Man könnte sagen, ich bin in relativ kurzer Zeit zu einem kleinen Bier-Experten geworden. Was mir auffällt, als ich den ersten Laden betrete: Bier ist (mindestens genauso wie Wein) mittlerweile zu einer Wissenschaft geworden. Es gibt Biersommelierkurse, Bierverkostungen, Bierkochbücher und Biergläser in verschiedensten Formen. Mir wurden die diverse Verkostungen angeboten.

craftbeer

Kochen macht Spaß!

Ich bekam einen tieferen Einblick in die Welt des Bieres und die Besitzer unterrichteten mich darin, dass Craftbeer eigentlich ein sehr schwammiger Begriff ist, und heute natürlich fast kein Mensch mehr am Kessel steht und das Gebräu händisch umrührt, dass also Craftbeer in seiner reinsten Form so gut wie nicht existent ist. Ich wurde darüber aufgeklärt wie der besondere Geschmack in das Bier kommt und welche Noten gut zusammenspielen. Was mir zum Beispiel gänzlich unbekannt war, ist, dass es Sauerbier gibt (quasi das Pendant zur Sauermilch), welches an einen milchsauren Geschmack erinnert und meist über 12 Monate reifen muss. Und man kann auch durchaus etwas falsch machen, wenn man Bier trinkt. Ob man aus der Flasche oder aus dem Glas trinkt, macht nämlich sehr wohl einen Unterschied. Ein gutes Beispiel, um diesen Unterschied aufzuzeigen, ist das Chilibier: Öffnet man die Flasche und trinkt einfach darauf los, wird man von dem Chili-Aroma nicht sonderlich viel spüren. Die Schärfe befindet sich nämlich im Bodensatz. Trinkt man dieses Bier aus der Flasche wird man bei der ersten Hälfte so gut wie nichts von dem Aroma merken und bei der zweiten eine fast unerträgliche Schärfe im Hals spüren. Außerdem kann es durchaus möglich sein, dass einem gewisse Geschmacksnoten fast gänzlich verborgen bleiben, wenn man den falschen Trinkbehälter wählt. Ich war mehr als überwältigt von der Auswahl an Biersorten, die sich mir bot. Gewürzbier, Fruchtbier, Rauchbier. Geschmacksrichtungen wie Wasabi-Grüntee, Whiskey, Haselnuss oder Jasminblüten. Ich brauchte einen Moment um es richtig zu begreifen, aber es war tatsächlich real.

Craftbeer aus der Heimat

Auch das Waldviertel ist in der Craftbeer Szene verwurzelt.

Craftbeer

Craftbeer aus dem Hause Zwettler

Neben dem Austrian Porter „Black Magic“, das mit seinen Röstnoten und den Bitterschokoladen- und Kirschenaromen überzeugt, gibt es noch den Doppelbock „Momentum“, welcher etwas nussigere Aromen aufweist. Wer es exotischer mag, findet auch bei Zwettler sein Bier. Das „Sanjana Pale Ale“, ein IPA, dessen Duft an Mango und Litschi erinnert, oder das IPA „bier.pur“ mit seinen fruchtigen Noten, sind auf jeden Fall eine Kostprobe wert. Eines kann ich vorweg verraten: es wird nicht bei einer bleiben. Unlängst wurden die Innovationen der Waldviertler Privatbrauerei im Falstaff Magazin mit einem Artikel gewürdigt. Durch ihren Auftritt am Craft-Bier-Fest hat die Zwettler Brauerei ihre Diversität bewiesen und dem Waldviertel wieder einmal alle Ehre gemacht.

Was mir persönlich sehr gefallen hat: Man kann in den Craftbeer Stores nicht nur Bier kaufen, sondern auch Utensilien, um sein eigenes Bier zu brauen.

Du bist mit der Auswahl nicht zufrieden? Kein Problem, mach dir einfach dein eiegenes Bier.

Unzufrieden mit der Auswahl? Kein Problem, mach dir einfach dein eigenes Bier.

Und um nicht Gefahr zu laufen, etwas zu angeheitert von meiner Tour zurückzukehren, habe ich mir kurzerhand mein individuelles Sixpack zusammenstellen lassen und mich dankend verabschiedet.

Knappe 18 Euro musste ich für mein Craftbeer hinblättern. Nicht gerade billig für ein Sixpack, aber hier weiß man, dass die Qualität definitiv stimmt und man kein 0815-Abwaschwasser kauft. Alles in allem ist Craftbeer ein Hype, dem man durchaus etwas abgewinnen kann. Der große Aufschwung ist verständlich, der Preis in diesem Fall verschmerzbar. Man sieht, dass die Leute durchaus bereit sind, mehr zu bezahlen, wenn sie wissen, dass die Qualität stimmt. Und die ist beim Craftbeer das A und O.

Hier bekommst du das beste Craftbeer Wiens:

 
Zwettler Zwickl
Zwettler Zwickl
 

veröffentlicht von benji

20. Mai 2016

ESSEN & TRINKEN
Wenn dir dein Gaumen angesichts des Fast Food-Angebots in Wien schon schmerzt und du heimatliche Abwechslung brauchst, empfehlen wir den Waldviertlerhof.