Der Narrenturm: pathologisch-anatomische Sammlung

Wikimedia Commons / Herbert Ortner
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veröffentlicht von Julia

4. Oktober 2021

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Ihr habt ihn bestimmt schon einmal aus der Ferne gesehen: den Narrenturm beim alten AKH. Wir verraten euch, was es damit auf sich hat!

Der sogenannte Narrenturm ist ein wichtiges Denkmal, wenn es um Medizin und Versorgung im späten 18. Jahrhundert geht. Wer diese Sammlung besucht, braucht einen starken Magen: es werden Präparate und Moulagen (Abdrücke) zu außergewöhnlichen Krankheiten, Missbildungen und Deformierungen gezeigt. Auch eingelegte Organe, entstellte Körperteile oder verkrümmte Skelette sind zu sehen. Nichts für schwache Nerven also!

Die Geschichte des Narrenturms

Schauen wir als Erstes ein bisschen zurück: der Turm wurde 1784 eröffnet und diente als Anstalt zur Pflege von psychisch erkrankten Personen. Der Turm war zu dieser Zeit die erste psychiatrische Abteilung, die an ein Krankenhaus angebunden war. Der Kaiser Joseph II. finanzierte den Bau des Turms dabei aus seinem privaten Vermögen. Der Turm ist fünf Stöcke hoch, pro Stockwerk gab es 28 Zellen für die PatientInnen.

Wie man wegen dem ursprünglichen Namen „k.k. Irrenanstalt zu Wien“ vermuten kann, gestaltete sich die Behandlung von psychisch Kranken zu diesen Zeiten noch ganz anders. Kritisch ist zu sehen, dass die PatientInnen durch die Abschottung von der Öffentlichkeit und damit auch aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden. Weil man um 1800 noch nicht sehr viel über diese Krankheiten des Geistes wusste, wurde der Narrenturm auch ein Testplatz für medizinische Experimente, zu denen Anketten, Zwangsjacken, Aderlass oder Stromschläge gehörten. Positiv kann man anmerken, dass durch den Narrenturm insgesamt ein positiver Wandel zur Anerkennung von psychischen Erkrankungen erreicht werden konnte.

Bereits 1796 gründete Kaiser Franz II. das „Museum des pathologisch-anatomischen Instituts“, als Startpunkt der heutigen Sammlung. Ab 1866 waren die Tage des Narrenturms als Anstalt dann endgültig gezählt. Die PatientInnen wurden in andere Anstalten gebracht und der Narrenturm wurde stattdessen als Unterkunft für Bedienstete des alten AKH und Studierende genutzt. 1971 funktionierte man das Gebäude als Bundesmuseum um, und 2012 übernahm das Naturhistorische Museum die pathologisch-anatomische Sammlung. Heute ist das Gebäude im Besitz der Uni Wien. Besucht man den Uni-Campus, findet man den Narrenturm ganz leicht auf den Lageplänen.

Der Narrenturm

Wikimedia Commons / Lydia Platzer

Besuch der Sammlung

Im Narrenturm kann man eine pathologisch-anatomische Sammlung bestaunen, die es in sich hat. Sie gilt als weltweit größte Sammlung von pathologischen Präparaten. Bis heute ist die Sammlung für Ausbildungszwecke wichtig, denn durch die große Vielfalt der ausgestellten Präparate können angehende MedizinerInnen viel von den Stücken lernen. Dabei sieht man auch Ausprägungen von Krankheiten, die man heute bei uns gar nicht mehr zu Gesicht bekommt.

Ihr seid neugierig geworden und wollt dem Narrenturm einen Besuch abstatten? Ein Teil der Sammlung, nämlich 19 Räume, sind öffentlich zugänglich. Man bekommt einen Eindruck der Geschichte der Pathologie und sieht so einige seltsame Ausstellungsstücke. Beim Besuch des Turms teilen die Guides gleich zu Beginn mit, dass einem durch den runden Aufbau des Gebäudes leicht mal schwindlig werden kann, weil die engen Gänge gefühlt kein Ende haben. Im Vorhinein wurde uns sogar empfohlen, mit nüchternem Magen zu kommen: denn manche Objekte sind ganz schön ekelerregend.

Wir empfehlen auf jeden Fall, beim Besuch auch eine Führung in Anspruch zu nehmen. Die Guides sind Medizinstudierende oder junge ÄrztInnen, die kompetent und mit vielen interessanten, und manchmal auch humorvollen Anekdoten durch die Räumlichkeiten führen.

Es gibt auch die Möglichkeit, eine Campus-Führung zu machen. Hierbei wird euch die Geschichte und die Bedeutung des Narrenturms, sowie des alten AKH nähergebracht. Am Ende der Führung steht die Besichtigung des Turms auf dem Programm. Außerdem werden noch andere Führungen zur Architektur und Geschichte, oder auch körperspezifischen Termine zu Schwangerschaft oder Stromverletzungen angeboten.

Zum Schluss noch ein Lesetipp: der Roman „Im Schatten des Turms“ von René Anour spielt im Wien dieser Zeit und beleuchtet auch die damalige Situation im Narrenturm.

Kontakt und Information

Der Narrenturm

Spitalgasse 2, 1090 Wien, Österreich

https://www.nhm-wien.ac.at/forschung/anthropologie/pathologisch-anatomische_sammlung_im_narrenturm

Öffnungszeiten:

  • Mittwoch: 10:00 – 18:00 Uhr
  • Donnerstag und Freitag: 10:00 – 15:00 Uhr
  • Samstag: 12:00 – 18:00 Uhr

Eintritt:

  • Normalpreis: 8,00 €
  • Ermäßigt: 6,00 €
  • Führung: 4,00 €
  • Sonderführung: 10,00 € + ermäßigter Eintrittspreis
  • Kombiticket mit NHM Wien: 15,00 €

Die Aufnahme von Fotos und Videos ist in der Sammlung nicht gestattet.

E-Mail: pas@nhm-wien.ac.at

 
 

veröffentlicht von Julia

4. Oktober 2021

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